Leben und Geschehen der KG Vilkerather Narren

in der Zeit von 1968 bis 1979

 

Von den gesellschaftlichen Ereignissen, die diese Zeit prägten, sind in der Chronik des Vereins nur wenige Einflüsse auszumachen. Vergebens sucht man nach Äußerungen, ob junge männliche, langhaarige Mitglieder einen Antrag auf Neuaufnahme in den Verein stellten und die moderne Frisur zu Diskussionen führte. Nein, im Gegenteil, Neuzugänge wie Rolf Franke, Helga und Werner Scharrenbroich, Dr. Fuß und Frau Helmi, Manfred Vogel und ... wurden begrüßt und schon bald in das aktive Vereinsleben integriert.

 

Heiße Diskussionen entzündeten sich an anderen Themen, allen voran an der Frage, ob die Männer sich eine Uniform anschaffen oder nicht. Der damalige Schriftführer H. Schumacher, der das Geschehen von 1956 bis 1977 lebhaft dokumentierte, notierte auf der Mitgliederversammlung am 29. November 1970: „Aber dann erhitzten sich die Gemüter an dem Vorschlag von H. Thiemann, Uniformröcke anzuschaffen. ... Der Spektakel und das Geschrei waren fast genauso schlimm wie im Bundestag. Ich habe schon Angst gehabt, dass der Tisch zerschlagen wird, als ob der etwas dafür kann.“

 

Kaum eine Vorstandssitzung, eine Mitgliederversammlung verging, von denen es - übrigens darin unterschied sich der Verein nicht vom übrigen Teil der Welt - viele gab, ohne dass über die Vor- und Nachteile einer Uniform hin und her beziehungsweise her und hin diskutiert wurde, was eindrucksvoll in der ergänzenden Protokollnotiz der Mitgliederversammlung von Dezember 1970 ausgedrückt ist: „Die Jacken kommen mir langsam aber sicher zum Halse raus. Mein lieber Herr Gesangverein.“

Doch es fand sich eine Lösung und der Elferrat erschien zum Silberjubiläum der KG am 30. Januar 1971 in seinen neuen Jacken. Schmuck präsentierten sich Präsident Hans Radtschenko und seine zehn Mannen, unter anderem Rudi Kurth, Heinrich Hürholz und Hermann Steeger zu der gelungenen Prunksitzung der Herren. Seit diesem Zeitpunkt ist blau-weiß endgültig die Farbe des Vereins. Die Farbgebung veranlasste die Tageszeitung zu folgendem Kommentar:

Die Vilkerather Narren proklamierten mit ihren neuen blauen Jacken ihre politische Mittelstellung. Man sah sich durch die bislang schwarzen Jacken zu sehr festgelegt, und die roten der Steinenbrücker Narrenbrüder ließen wohl zu tief blicken.“

 

 

Nicht nur die Uniformen waren im Nachhinein Gesprächsanlass, nein, auch die Verzweiflung des Literaten Theo Wester, der wie „ein Tiger im Käfig herumging“, weil sich die Musik verspätet hatte und die Kräfte schon da waren und ihm „die Hölle heiß machten“. Doch mit 25-minütiger Verspätung begann die Prunksitzung der Herren.

 

Nicht nur an der Theke stehen und >verzälle<, nein auch singen, hieß es fortan, denn der Hit„Wir sind von Vilkerath“, der in dieser Sitzung vom Männergesangverein erneut vorgestellt wurde. forderte alle dazu auf. Aber wie es sich für einen Karnevalsverein gehört, standen „Spaß und Freud“ im Mittelpunkt und dies kam besonders auf bei der Galasitzung der Damen am Karnevalssonntag 1971, denn das Geschenk der >Lustigen Brüder< aus Steinenbrück brachte noch lange Zeit Spaß ins Vereinsleben: „ Der Besuch der >KG Lustige Brüder< aus Steinenbrück mit Prinz, Jungfrau und Bauer war mal wieder einer der Höhepunkte dieser Sitzung. Aber eine besondere Überraschung war das Geschenk der Lustigen Brüder. Es war ein Schwein, ein lebendiges Schwein für die KG Vilkerather Narren zu ihrem 25 jährigen Bestehen.“

Wie schade oder welch ein Glück, dass unser heutiger Präsident, Metzgermeister Rolf Franke, damals im Vereinsgeschehen noch nicht mitmischte, sonst wäre das Schwein fachmännisch behandelt und geschlachtet worden. So aber trug der Vorstand weiterhin Verantwortung für das liebe Tier und kam dieser nach, so am 23.Februar ab 20.30 Uhr mit einer Inspektion desselben und seiner Unterkunft:

 

„Burger und H. Radtschenko waren die Anstifter von diesem Besuch bei Willi Rottländer. Sie wollten den Stall besichtigen, wo unser Schwein unterkommen soll. Also trommelten sie zusammen, die Ehepaare H. Burger, H. Radtschenko, Steeger und als Einzelgänger H. Schumacher. Mit drei Wagen schlichen wir uns in die Miebach. Die Überraschung war perfekt. Unter großem Jubel der Anwesenden wurden Willi Rottländer zwei Schweineohren umgehängt und er als Schweinefürst ernannt. Ebenso seine Frau Käthi. Wir hatten noch viel Spaß und kamen gegen 12.30 Uhr wieder in Vilkerath an.“

 

Die Satzung des Vereins und manche Traditionen standen ständig in Diskussion, so das Miteinander von Vorstand und Mitgliederversammlung zum Damenkomitee. Aktiv gestaltend waren die Damen immer dabei, aber in der Mitgliederversammlung fehlte ihnen die Stimmberechtigung und von der Vorstandsarbeit waren sie ausgeschlossen. Elfriede Fröhlich, die Vorsitzende des Damenkomitees, die angeregt hatte, die Damen voll in den Verein zu integrieren, erlebte die Realisierung im Frühjahr 1972 leider nicht mehr, denn sie verstarb unerwartet am 2. Januar des Jahres. Ab 1974 übrigens wird bestimmt, dass Frauen alle Posten im Verein annehmen können.

Thema war auch, heute kaum vorstellbar, die Tischnummerierung. Vom Vorstand wurde sie trotz eines ablehnenden Beschlusses der Mitgliederversammlung erstmals in der Session 1974 vorgenommen und dann bis heute fortgeführt mit Zustimmung der Mitglieder. So manches muss erlebt und nicht diskutiert werden.

 

Viel Freude bereiteten die Auswärtsbesuche bei den befreundeten Vereinen, wie den schon mehrfach erwähnten Lustigen Brüdern, den Fidele Böschjunge Bärbroich, bei Blau-Rot-Busch, den Fidelen Puhmännern und Rot Weiß Fenke sowie der Besuch bei Ehrenmitglied Walter Winkler, der zugleich Sitzungspräsident der >Große Allgemeine KG 1900 Köln< im Kölner Gürzenich war. Zum Besuch in diesem ehrwürdigen alten Kölner Stadthaus findet sich die folgende Protokollnotiz: „ Anwesend bei der Sitzung waren die Familien Steeger, Franke, Büchel und Schumacher. Ich muss sagen, es war ein einmaliges Erlebnis. Der Tisch war hervorragend. Auf dem Wege nach Vilkerath, Alkoholkontrolle. Gegen 2.15 Uhr kamen wir in Vilkerath an.“ Beim Thema Alkoholkontrolle stellt sich die Frage, ob der teure Weinpreis im Gürzenich den glücklichen Ausgang provozierte oder ob es unter den Teilnehmern einen alkohol-verächtenden Führerscheinbesitzer gab? Übrigens war 1973 die 1,2 Promillegrenze auf 0,8 ‰ herabgesetzt worden.

 

Wie sah die närrische Session neben den bereits erwähnten Auswärtsterminen in dieser Epoche für die aktiven Mitglieder aus? Drei Wochen vor Karneval fand die Prunksitzung der Herren statt, die nicht verwechselt werden darf mit der heutigen Herrensitzung. Es gab einen Herrenelferrat unter der Leitung von Präsident Hans Radtschenko und das Damenkomitee mit ihrer Präsidentin Gisela Hürholz saß auf der Bühne. Das Programm, das stets ankam, wurde von den Literaten Theo Wester (bis 1970) und Lothar Schönfeld zusammengestellt. Auszug aus einem Artikel der Lokalzeitung von 1974:

Die Vilkerather Narren hatten am Samstag im Saale Vogel ihr großes Fest. Sitzungspräsident Radtschenko servierte in der traditionellen Prunksitzung Knüller in der Bütt und auf der Bühne. Literat L. Schönfeld hatte die richtige Wahl getroffen. ... Die vielen Zuschauer ließen sich schnell mitreißen angesichts der zahlreichen ´Berufskarnevalisten`. Aber wenn in Vilkerath ein Verein sein Fest macht, dann feiert auch das ganze Dorf. Insoweit war es für die Vilkerather Narren nicht schwer, auch in der Session 1974 ein großes Fest mit vielen Höhepunkten zu landen. ...

 

An Weiberfastnacht stand ein Mammutprogramm an. Morgens fand seit 1973 der Besuch in der Sonderschule statt, die damals im Gebäude der heutigen Grundschule untergebracht war (eine Grundschule gibt es wieder seit 1989). Nach einem Mittagessen, beispielsweise Erbsensuppe bei Emmi und Hermann Steeger, fuhr man dann nachmittags nach Overath zum Rathaus, wo Gisela Hürholz, die einzige Präsidentin in der Gemeinde Overath, „als erste rankommen durfte“, denn ab 16 Uhr organisierten die Damen einen Kaffeeklatsch im Saal Vogel, der gemächlich in das abendliche Maskentreiben überging: „Weiberfastnacht seit langen Jahren nicht mehr von der KG veranstaltet, war ein Schreckgespenst unserer Gesellschaft. Keiner von uns glaubte an einen Erfolg und vielleicht ist deshalb alles gut gelaufen. ... Jedenfalls waren viele Masken auf dem Saal und die Tanzfläche immer voll besetzt. ... Die Stimmung war wunderbar.“, so H. Schumacher über Weiberfastnacht 1971.

Am Karnevalssonntag fanden die Kindersitzung und die Galasitzung der Damen statt.

 

Wie problemlos waren doch die Kleinen, sie kamen verlässlich und überfüllten den Saal und hatten stets ihren Spaß. Diese Sitzung, das Steckenpferd von Hans Radtschenko und Heinrich Burger, diente unserem heutigen Präsidenten als Übungswiese, denn seit 1973, zwei Jahre nach seinem Eintritt in die KG, präsentierte er sie unter Mithilfe eines gemischten Elferrates. Unsere heutigen jüngeren Mitglieder der KG erhielten damals ersten Kontakt zum Verein, manche traten sogar auf: Rita Clever, Birgit Lenz und Carmen Schönfeld.

Abends dann die Galasitzung, die von den Damen geleitet wurde und bei welcher der Herrenelferrat auf dem seitlichen Teil der Bühne Platz nahm:

 

„Um diese Sitzung haben wir uns nie große Sorgen machen brauchen. Auch dieses Mal konnten wir wieder ein volles Haus und einen Bombenerfolg verbuchen. Das Damenkomitee mit ihrer Präsidentin Gisela Hürholz war einfach unübertroffen. Die Kräfte gut sortiert mit Tanzcorps und Sängern. Zwischendurch gab es eine Ehrung. Frau Irmgard Thiemann wurde Ehrenmitglied der KG mit der dazugehörenden Ehrenmütze. Am Schluss kam das Musikcorps Edelweiß von Overath. Dann wurde das Tanzbein geschwungen unter der sehr guten Kapelle Siebenbürgen. Um 3 Uhr war oben Schluss, doch es soll noch lange gedauert haben, bis die Letzten gegangen waren. N.B. Unsere Kindertanzcorps am Anfang der Sitzung schossen mal wieder den Vogel ab.“

 

War die Nacht auch noch so lang und schön, am Rosenmontag fand der Besuch des Kinderheimes in Overath statt, mit viel Freude über die Darbietungen der Kinder und bei eben diesen über die schmucken lustigen Vilkerather Närrinnen und Narren.

 

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Nachdem im Vorstand als Datum für die Gründung des Damenkomitees endgültig das Jahr 1953 feststand und das des Jubiläums im Jahre 1978, begann die Planung. Eine Festzeitschrift, ein Fußballspiel und ein Geburtstagsfest sollten an die 25 Jahre erinnern und dafür sorgen, dass keine finanziellen Probleme in diesem Jahr entstanden. Am Originellsten war die Idee, Frauen und Männer des Vereins gegeneinander Kickern zu lassen, die auch heute noch freudige Erinnerungen „Weißt du noch, wie...“ und wissendes Schmunzeln hervorrufen.

 

Atmosphäre, Erfolg und das Typische von Vilkerather Feiern drückt der folgende Artikel der Bergischen Landeszeitung vom 23.10.1977 aus.

 

Am Ende hieß es 1:0 für die Narren

Damen der Vilkerather Narren spielten gegen die Herren des eigenen Vereins

 

wp. Vilkerath.

Ihr 25jähriges Vereinsjubiläum feierten zum Auftakt die Damen der Vilkerather Narrenzunft am Sonntag mit einem mitreißenden Spiel gegen die Herren des eigenen Vereins. Es ging keineswegs um Punkte, als die erprobten Macherinnen des rheinischen Frohsinns mit Energie und technischem Können auf dem Spielfeld den Umgang mit dem runden Ball probten. Der Ausgang des Spiels war klar: Gefragt war nicht der Gewinner; das Publikum war trotz des strömenden Regens begeistert.

Und viele waren gekommen, um den sonntäglichen Spaß auf dem Sportplatz an der Agger zu erleben. Dabei regnete es in Strömen. Mehr konnte man an klimatischem Missgeschick nicht erwarten. Aktive auf dem Sportplatz und Zuschauer ließen sich nicht beeindrucken: Es ging um den Spaß, und der wurde noch durch selbstgebackenen Kuchen, Schnaps, Bier und Erbsensuppe versüßt. ... Noch einige unerwartete Geschehnisse gab es: Torwart Paul Herkenrath ... schien zwar zeitweise den Damen >galante Dienste< zu erweisen, kugelte sich dann aber ... das Kugelgelenk aus. Paul Herkenrath, der Liebling der Zuschauer, musste ausscheiden.

Ähnlich war es Heinrich Hürholz ergangen. Auch er zog sich in einem freundschaftlichen Schlagabtausch mit den Damen der Narrenzunft eine Verletzung zu, die ihn kampfunfähig machte. Nach dem Fußballtreffen übten sich die Damen und Herren ... in allgemeiner Gemütlichkeit im Vereinslokal Vogel. Der Auftakt des 25 jährigen Jubiläumsvereins der Damen ... war ein Bombenerfolg trotz des schlechten Wetters. Im Tor der Vilkerather Damen bewährte sich die Chefin des Vereinslokals Vogel, sie hielt manchen von den Herren der Narrenzunft scharf getretenen Ball: Christa Vogel war Spitze. Die Feier im Vereinslokal Vogel war von üblicher Güte.

 

Natürlich, das Jubiläum am 6. Januar 1978 bereitete mit dem beachtlichen Programm, unter anderem „Hot und Hötcher“, „Deck un Dünn“, Gerd Rück als „Weltenbummler“ und manchem Ulk den Abgeordneten von dreizehn befreundeten Gesellschaften und allen Gästen viel Vergnügen.

Besonders erwähnt werden muss die Hilfsbereitschaft und Unterstützung der Vereinsmänner, die den Kaffeeklatsch am Weiberfastnachtstag übernahmen und sich Gedanken über ihr Outfit machten:

„ Da unser Damenkomitee 25. jähriges Bestehen hat, soll es geschlossen nach Overath zur Schlüsselübergabe am Rathaus fahren. Zu dieser Zeit übernehmen die Herren die Bewirtung auf dem Saal. ... Kleidung: schwarze Hose, weißes Hemd, blaue Fliege.“

 

Von einem solchen Fest zehrt ein Verein lange, denn gerade gemeinsame Aktionen schmieden zusammen und folglich lief es dann harmonisch in die vierten elf Jahre der Karnevalsgesellschaft Vilkerather Narren.

 

 

 

Die Karnevalshits der Jahre 1968-1978:

1968 Mer schenke der Ahl e paar Blömcher

1969 Eene Besuch im Zoo

1970 Sie will ja nach Sevilla

1971 Es ist noch Suppe da

1972 Rucki Zucki

1974 Freunde der Nacht

1975 Wenn die Engelcher

1976 Et Spanien - Leed

1977 E paar Grosche für Ihs

1978 Mer losse dr Dom en Kölle